Die Geschichte des FC Amriswil

Vor 103 Jahren, zu einer Zeit, als man in ländlichen Gegenden den Schützenverein, den Turnverein und vielleicht noch den Gesangsverein kannte, war es für jene Handvoll junger Burschen vermutlich eine mutige Tat, am 11. August 1910 einen Fussballclub zu gründen: den Fussballclub Amriswil. So hiess der erste Präsident Wilhelm Fink, der Kassier Hans Lehmann, der Aktuar Hermann Lüscher. Nach mühsamen und oft gescheiterten Versuchen, auch ein Stück Erdboden für diese neumodische spleenige Ballsportart mit den zwei Toren zu finden, wurde im Jahre 1920 dem jungen Verein auf dem damals unwirtlichen, mit Steinen übersäten Tellenfeld (dem heutigen Areal Ost) ein Platz zugewiesen.

In «Stuckis Schüürli» am Floraweg wurde 1910 der FCA gegründet.

Wurde Training und Spielleitung bis ungefähr 1930 jeweils einem Mitspieler, dem Captain anvertraut, so befassten sich bereits ab jener Zeit ausgebildete Trainer und sogar Berufssportlehrer mit dem neuen Phänomen Fussball. Für den FC Amriswil waren damals mit den Herren Haist und Steinhauser aus Wien die ersten «Profis» fürs Training zuständig.In den Jahren um den Zweiten Weltkrieg war es ungemein schwer, einen Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, weil es seit jeher für dieses Spiel 11 Männer braucht. Ein grosser Teil der Amriswiler Fussballer musste wie andere junge Männer auch den Dienst fürs Vaterland leisten. Ein Glücksfall für den FC Amriswil war damals das Engagement von Emil Mangold, einem Fussballlehrer aus Zürich, der den inzwischen 30-jährigen Fussballclub durch die Wirrnisse der Kriegszeit führte.

Die spürbar zunehmende gesellschaftliche Anerkennung des Fussballsports im Allgemeinen und des FC Amriswil im Besonderen brachten dem Verein in dieser Epoche endlich auch Anerkennung und Akzeptanz. Waren es bis anhin die Turner, die Schützen, die Sänger und Musikanten, die als Vereine grosses Ansehen genossen, so wurde der Fussballsport und damit auch der Fussballclub in Amriswil zunehmend gesellschaftsfähig. Namen wie Walter Rizi, Guido Cornella, Dino Larese, Adolf Eigenmann und andere bildeten die Nahtstelle vom bis anhin mehrheitlich proletarischen Fussballvolk zum Establishment.

1952 wurde die bisherige Heimat der Fussballer, nämlich das auch als Reitplatz benutzte Areal Tellenfeld Ost um den «Salon» erweitert. Es war ein Markstein in der Geschichte des Fussballclubs, als von der Gemeinde der Platz West erbaut wurde. Eine Anlage, die bis zum heutigen Tag zu den schönsten der Region zählt, und in deren Zentrum genau 50 Jahre später, nämlich 2002, das Clubhaus als Eigenheim für die Fussballer gebaut werden durfte.

Bereits seit den Anfängen ziert ein weisser Stern die Brust des FCA.

1960 wurde ein glanzvolles 50-Jahr-Jubiläum gefeiert und auch sportliche Erfolge liessen nicht auf sich warten. Der inzwischen auf über 10 Mannschaften und 200 Mitglieder angewachsene Fussballclub machte durch spielerische Leistungen auf sich aufmerksam. Es war ein Grossereignis, als fast 4000 Zuschauer das Tellenfeld umsäumten, als die 1. Mannschaft mit ihrem Präsidenten Bruno Schneider, ihrem Coach Bruno Clematide und ihrem Trainer Werner Schmid im Jahre 1965 in die 1. Liga aufstieg und dort während 7 Jahren mitspielte. Als sportliche Erfolge dürfen aber auch alle übrigen Gruppenmeistertitel gewertet werden, denn insgesamt trugen die jeweiligen 1. Mannschaften des FC Amriswil im Zeitraum von 1950 bis 1994 13 Mal Aufstiegsspiele in die 1. Liga aus. Aber bisher nur einmal – eben 1965 – ist dieser sportliche Aufstieg geglückt. Zweimal gelang der zwischenzeitlich in die 3. Liga abgestiegenen 1. Mannschaft auch der Wiederaufstieg in die 2. Liga: 1993 und 1999.

Waren es während Jahrzehnten die Beitragsbatzen der Mitglieder und die von den Zuschauern entrichteten Matcheinnahmen, mit denen der Verein all seine Unkosten bestritt, so «erfanden» die Fussballer die Grümpelturniere, deren erste Austragungen Mitte der Dreissiger Jahre auf einer Wiese beim Laimatwald stattfanden, um damit etwas zusätzliches Geld in die Kasse zu bekommen. War das die Wende zu einer gewissen Teil-Kommerzialisierung des Fussballs auch in den Landvereinen? Vielleicht ja, denn es ist heute undenkbar, in einem grossen Fussballverein nur mit den Beiträgen der Mitglieder auszukommen, ausser diese würden verdoppelt oder verdreifacht. Als Novum auf dem Gebiet des Marketings darf nicht nur die vor 25 Jahren eingeführte Tenü-Werbung bezeichnet werden, sondern auch die zu Beginn der 60-er Jahre vom damaligen Ehrenpräsidenten Walter Rizi gegründete Supporter-Vereinigung.

Zu Beginn der 70-er Jahre wurde das Nordareal des Tellenfelds saniert und mit einem Spielfeld für die Fussballer erschlossen. Die 1983 erbaute Sporthalle dient vielen Sportvereinen Amriswils. Dem Fussballclub in erster Linie fürs Wintertraining und als Umkleidelokal. Als weitere wichtige Erweiterung der Sportanlage darf die Totalsanierung des gesamten Nordareals und die Erstellung von einem zusätzlichen Spielfeld im Jahre 1998 bezeichnet werden, womit die öffentliche Hand dem enormen Spiel- und Trainingsplatz-Bedarf des inzwischen auf über 20 Mannschaften und nahezu 500 Mitglieder angewachsenen FC Amriswil Rechnung getragen hat.

1994 wurde dem Verein eine Damenmannschaft angegliedert, womit der FC Amriswil als erster und bisher einziger Fussballclub im Oberthurgau das steigende Interesse des weiblichen Geschlechts am Fussballsport wahrgenommen hat. Wie richtig diese Integration war, beweisen nur 10 Jahre später 70 Frauen und Mädchen, die mit Begeisterung auf dem Tellenfeld Fussball spielen.

Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wechseln sich die Personen in der Vereinsführung mit Ausnahme des Präsidenten ebenso lebhaft wie die Erfolge und Misserfolge der 1. Mannschaft. 2002 übergibt Hans-Ulrich Giger sein Amt, das er mit 11 Amtsjahren als eigentlicher «Rekord-Präsident» innehatte an Franz Griesemer, der es als Geschäftsführender Vizepräsident ein Jahr versieht. Für drei Jahre steht Richard Reinle an der Vereinsspitze, ehe Markus Stahel 2006 das Amt übernimmt.

Im Jahr 2000 wird vom Verband die 2. Liga interregional etabliert und der Fussballclub Amriswil gehört mit einer Saison Unterbruch während 6 Jahren dieser Kat. an. Nach 2 Jahren bei den Regionalen spielt das Fanionteam wiederum für zwei Saisons (2009-11) in der Interregionalen Klasse, um dieser erneut verlustig zu gehen. Der FCA spielt demnach seit der Einführung der Interregionalen vor 12 Jahren während 8 Saisons in dieser Klasse und 4 bei den Regionalen. Den besten Ranglistenplatz des Jahrzehnts (5.) erreicht die 1. Mannschaft 2003/04 unter Trainer René Benz.

Seit Jahren behält der FC Amriswil ziemlich konstant seine Mitgliederzahlen bei 450 bis 500, und die Anzahl der Mannschaften bei 23 bis 26. Vor allem die schulpflichtige Jugend wendet sich dem Fussballsport zu und damit sind die Anforderungen an die Trainer, Betreuungspersonen, sowie an die Administration zunehmend anspruchsvoller, und es sind gewisse Grenzen bezüglich deren Belastbarkeit erreicht. Grenzen auch in Bezug auf die Kapazität der Sportanlagen und der Generierung finanzieller Mittel.

Im Wissen, dass der am 11. August 1910 gegründete Verein im Jahr 2010 sein 100-jähriges Bestehen würde feiern können, werden bereits zu Beginn des Jahres 2009 erste Planungen und Vorbereitungen getroffen. Die Vereinsleitung mit Präsident Markus Stahel fixiert als Festdatum das Wochenende vom 21./22. August 2010 und installiert ein Organisations-Komitee unter dem Präsidium von Hans-Jörg Schoop. Dieses 15-köpfige Team legt sich mächtig ins Zeug und plant ein ebenso vielseitiges wie attraktives Programm «100 Jahre FC Amriswil». Der Anlass wird denn auch zu einem rauschenden 2-Tage-Fest.

Nicht zu vergessen die von Ex-Präsident Hans-Ulrich Giger verfasste, bestens dokumentierte und reichlich bebilderte 80-seitige Jubiläums-Chronik. Der FC Amriswil darf mit Stolz und Freude auf sein glänzend gelungenes Jubiläumsfest zurückblicken und mit Elan und Zuversicht die künftigen Aufgaben als grösster Sportverein der Stadt und Region in Angriff nehmen.

Autor: Richard Nauer